Aktualisiert am 08.10.2024
Vermutlich geht es dir wie mir – ich habe viele Ideen, doch meistens fehlt die Zeit zum Umsetzten. Endlich mal improvisieren, Intervalle besprechen, Akkorde und ihre Umkehrungen einführen, auswendig lernen… Es gibt so vieles, was wir tun könnten!
Trotzdem hangeln wir uns lieber von einem Stück zum nächsten. Das macht Spaß und es benötigt weniger Vorbereitungszeit.
Doch um unseren Schülern ein gutes Handwerkszeug und Musikwissen mitgeben zu können, wäre das Grundwissen in Musiktheorie schon wichtig, oder nicht? Und Erfahrungen mit Improvisation oder Liedbegleitung machen unsere Schüler*innen zu besseren Musikern und Musikerinnen.
Wenn es also einfach wäre, würden wir sämtliche Lernfelder in unserem Unterricht abdecken.
Ist es aber nicht. Und unser Tag hat auch nur 24 Stunden.
Das ist auch nicht zu ändern. Doch wir können einen möglichst einfachen Weg nutzen, um mehr Theorie und Kreativität in unseren Unterricht zu bringen.
Ich habe eine fantastische Lösung gefunden, die ich dir vorstellen möchte: Das Aktionsthema!
Was ist ein Aktionsthema?
Das Aktionsthema ist ein Zeitraum in dem du mit (fast) allen Schüler*innen ein ausgewähltes Thema besprichst und vertiefst.
Die „Mutter aller Aktionsthemen“ ist die One Minute Challenge. Diese Aktion trainiert das absolute Notenlesen und findet einmal im Jahr bei mir im Unterricht statt.
Das funktioniert einfach so gut, dass ich es auf weitere Themen ausgeweitet habe.
Der große Vorteil ist das Batching. Dieser Begriff aus dem Zeitmanagement bedeutet, dass mehrere gleiche Aufgaben zusammengefasst werden.
Im Aktionsthema besprichst du EIN Thema mit ALLEN Schüler*innen.
Nicht mit Schülerin A das Notenlesen, mit Schülerin B die Intervalle und mit Schüler C die Dreiklangsumkehrungen. Das ist unglaublich anstrengend für einzelne Schüler passende Übungen parat zu haben. Und auch den Überblick zu behalten was du mit wem besprochen hast und was als nächstes kommen könnte.
Und selbst wenn du dir das alles aufschreibst, benötigst du ja auch noch Zeit, um die einzelnen Themenfelder vorzubereiten. Du musst dich immer wieder in unterschiedliche progressiv aufgebaute Abläufe eindenken und wahrscheinlich auch etwas dafür vorbereiten.
Und das ist doch der Grund, warum wir es so selten schaffen von unseren Ideen und Wünschen mal etwas umzusetzen, oder?
Also lieber ein Thema für alle Schüler – je nach Entwicklungsstand. Dazu gleich mehr.
Es eignen sich sehr viele Lernfelder als Aktionsthema:
- Rhythmus,
- Intervalle,
- Dreiklänge und Umkehrungen
- Vierklänge
- Notenlesen,
- Blattspiel,
- Auswendig spielen,
- Übestrategien,
- Tonleitern und Arpeggien,
- Tonarten und Quintenzirkel,
- Musikbegriffe und Symbole,
- Musikgeschichte und Instrumentenkunde,
- Improvisieren,
- Komponieren und
- Liedbegleitung.
Und jetzt noch ein Gedanke am Rand: Natürlich kann es auch ein Lernfeld sein, dass du gern einmal testen möchtest und noch nie unterrichtet hast. Das ist ein fantastischer Weg, um auch dich selbst weiterzubilden und schnell Unterrichtserfahrungen in einem Gebiet zu sammeln.
Hättest du schon eine Idee für dein erstes Aktionsthema? Dann kann es mit der Vorbereitung losgehen…
Wie du das Aktionsthema vorbereitest:
Ideen und Materialien sammeln
Sammle zuerst alle Ideen und Übungen, die dir so einfallen. Recherchiere im Internet und schau doch auch mal unter deinen gespeicherten Dateien nach…
Versuche immer von der Praxis in die Theorie zu denken. Also nicht zuerst das Merkblatt mit der Übersicht, sondern erstmal am Klavier hören, sehen und spielen.
Vielleicht hast du schon mal von „Sound before symbol“ (Klang vor dem Symbol) gehört. Oder die US-amerikanische Klavierpädagogin Frances Clarkhatte die Abfolge „sound-feel-sign-name“ (Klang-Gefühl-Zeichen-Name).
Ich finde diesen Leitgedanken wichtig, damit unsere Schüler*innen aktiv Musiktheorie erleben und wortwörtlich begreifen können und sich nicht langweilen.
Praktische Übungen könnten zum Beispiel folgende sein: Rhythmen nachklopfen und zählen, Intervalle spielen und Fingersätze testen, eine Tonleiter mit Figuren legen und die Halb- und Ganztöne verstehen oder Akkorde in Dur und Moll spielen oder hören.
Außerdem schaue ich in meinem Fundus welche passenden Musiktheorie-Spiele ich habe. Dann logge ich mich bei Vibrant Music Teaching (Affiliate Link) ein und suche nach weiteren. Ich bin dort seit 2018 Mitglied und nutze neben den Spielen auch die Webinare und Kurse. Der Gründerin, Nicola Cantan, ist es sehr wichtig, dass Schüler*innen mit Spaß und Leichtigkeit die ganze Welt der Musiktheorie entdecken können und bereitet die Themen für uns Unterrichtende sehr praktisch vor.
Die neuen Spiele drucke ich mir dann aus und schneide und laminiere alles. Dabei kann ich dann ein Webinar aus dem Vibrant Music Teaching Archiv schauen. Die Spiele sind also etwas aufwändig, doch das mache ich ja nur einmal und die Kinder lieben sie!
Vielleicht passt aber auch ein Merkblatt zum Thema. Dies könnte zum Nachschlagen im Notenordner eingeheftet werden. Übungsblätter können ebenfalls – gut dosiert – eingesetzt werden. So, dass es eben nochmals eine andere Wiederholung ist, doch nicht eine öde Theorieeinheit wird…
Stufen festlegen
Wenn alle Ideen gesammelt sind, teilst du diese in drei Schwierigkeitsstufen ein. Das kommt etwas aufs Thema an, doch ich denke drei Stufen sind ausreichend und machen es für dich auch nicht zu kompliziert.
Mehr als fünf Leistungsstufen würde ich nicht empfehlen. Das wird schwer vorzubereiten. Fasse deine fortgeschrittenen Schüler*innen lieber zu einer Stufe zusammen, sie vertragen es, wenn sie auch einmal mit etwas ganz Neuem in Berührung kommen.
Schüler einteilen
Im nächsten Schritt teilst du alle Schüler*innen in die passende Stufe ein. Nimm im Zweifel lieber in die leichtere Stufe und springt dann in die nächste, falls es gut läuft. Das ist immer besser als andersherum.
Es kann sein, dass du ganz neue Schüler, Anfänger oder Transferschüler außen vorlassen möchtest, das kommt auf die Situation und das Thema an. Vielleicht ist es auch nicht das Richtige für deine Erwachsenen. Du kannst sie einfach fragen, ob sie mitmachen möchten.
Zeitraum festlegen
Rein theoretisch kannst du jeden Monat ein anderes Thema im Unterricht behandeln. Aber das wäre ganz schön stressig. Realistischer ist es, wenn du dir für jeden Unterrichtsblock, also die Wochen zwischen zwei Ferien, ein Thema vornehmen würdest. Das wären vier Themen pro Jahr und eines davon könnte ja die One Minute Challenge sein.
Den Zeitraum kannst du ganz flexibel handhaben, je nachdem wie viel Zeit du hast und wie intensiv du das Thema behandeln möchtest. Ich plane gern für vier bis sechs Wochen. Das ist weder zu kurz noch zu lang, finde ich.
Die One Minute Challenge läuft bei mir aber auch länger, da es immer Schüler gibt, die erst ziemlich spät ins Training einsteigen. Ich beginne nach Ostern und gebe allen Zeit bis zu den Sommerferien.
Materialien vorbereiten
Wenn deine Planung steht, geht es an die Vorbereitung des Materials. Prüfe noch einmal, ob du alle Ideen überhaupt einsetzten möchtest und wie du sie umsetzten könntest. Und ob es für den Zeitraum nicht schon zu viele Ideen in einer Stufe gibt.
Mach dir eine Liste welche Blätter oder Spiele du noch vorbereiten möchtest und lege los. Wie schon geschrieben, gucke ich gern beim schneiden und laminieren Webinare. Es muss ja auch nicht alles zum Start fertig sein.
Der Plan vom Plan
Es ist sinnvoll irgendeine Art der Übersicht zu haben. Zum einen die Einteilung deiner Schüler in Stufen, zum anderen die Übungen, die du für jede Stufe geplant hast. So siehst du mit einem Blick, was gerade konkret anliegt.
Wenn du wie ich eine Unterrichtsplanung hast, kannst du bei allen Schüler*innen die Stufe und die nächsten Übungen notieren.
Und dann kann es schon losgehen!
Mein Extra-Tipp
Beginne jede Unterrichtsstunde mit dem Aktionsthema – sonst gerät es unter die Räder und du kannst deine Pläne gar nicht umsetzten. Für mich ist das wirklich der alles entscheidende Punkt, vielleicht tickst du aber anders und du schaffst es, die Aktion zu einem beliebigen Zeitpunkt in die Unterrichtsstunde einzubauen. Teste es für dich aus.
Wahrscheinlich hast du gemerkt, was ich an dem Aktionsthema so toll finde…
Es ist unglaublich flexibel! Thema, Umfang, Zeitraum, Übungen – du kannst alles so gestalten wie es für dich passt und mit dem, was dir so Schönes einfällt.
Und so kommen wir zu den vielen Lernfeldern, die wir doch unbedingt besprechen wollen, aber nie dazu kommen. So kann es endlich gelingen!
Und deine Schüler*innen sammeln immer mehr theoretisches und praktisches Wissen über Musik!
Im Artikel Intervalle als Aktionsthema nehme ich dich mit und zeige ich dir ganz konkret, wie ich eine Aktion vorbereite.
Mit welchem Lernfeld möchtest du das Aktionsthema einmal testen? Bitte schreib es doch in die Kommentare.
Falls du weitere Fragen hast oder ich dir helfen kann, schick mir einfach eine E-Mail.
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Hallo Carina,
Ich verfolge deinen Blog mit großem Interesse und nutze deine Tipps erfolgreich in meinem Klavierunterricht. Besonders die Übe-Liste ist der absolute Hit! Ebenso alles was Ideen, Planung und Durchführung betrifft. Vielen Dank dafür.
Viele Grüße
Melli
Danke für deinen Kommentar, liebe Melli!
Es freut mich total, dass die Übe-Liste so gut in deinem Unterricht ankommt.
Dann weiterhin viel Freude im Unterricht
Carina
Die Aktionsthemen sind eine tolle Idee. Ich mache gerade mit meinen Schülern die One-Minute-Challenge. Meine Schüler sind total begeistert davon und wechseln – wenn sie eine Stufe abgeschlossen haben – freiwillig in die nächst höhere. Es ist phänomenal, wie sich das Notenlesen bei allen Schülern verbessert hat.
Als nächstes Aktionsthema plane ich „Rhythmus“. Carina, hast du Ideen, wie man daraus eine Challenge machen kann? Ich glaube, gerade der Wettbewerbscharakter beflügelt die Schüler sehr. Ich würde mich sehr freuen, wenn du ein einem deiner nächsten Beiträge auf dieses Thema eingehen würdest. Einige Ideen hast du ja schon oben erwähnt. Ich überlege momentan aber, wie man daraus einen Wettbewerb gestalten könnte.
Hallo liebe Susanne!
Ja, die One Minute Challenge funktioniert einfach super. Nach Ostern geht es bei mir auch wieder damit los.
Also zum Thema Rhythmus-Challenge fallen mir zwei Bereiche ein, die du auch kombinieren kannst. Du kannst schriftliche Rhythmus-Knobeleien vorbereiten und bearbeiten lassen. Pro Stufe gibt es zum Beispiel zwei Übungsblätter und dann die „Knobelei“ (wie ein Test). Für jeden bestandenen Test – natürlich nur bei null Fehler – gibt es ein Kreuzchen in der ausgehängten Tabelle, so können die Schüler sich gegenseitig anstacheln. Spontan fallen mir als Aufgaben Taktstriche ziehen, Takte ergänzen oder Notenwerte addieren ein.
Oder du denkst dir immer komplizierter werdende Rhythmen aus, die in einem bestimmten Tempo (Metronom oder Backing Tracks) gezählt und geklopft werden. Deiner Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Da können Punktierungen, Off-Beat, Synkopen, (Achtel-)Triole gegen Achtel oder Sechzehntel vorkommen. Das Ganze dann auch in Stufen aufgebaut.
Das Spannende ist, dass die Schüler so mit rhythmischen Herausforderungen in Kontakt kommen, die sie vielleicht noch längst nicht in ihrer Literatur spielen.
Coole Idee und ich hoffe ich konnte dir etwas weiter helfen.
Ganz liebe Grüße
Carina
Danke für deine Tipps, liebe Carina. Da werde ich mich jetzt mal hinsetzen und eine Rhythmus-Challenge vorbereiten. Denn der Rhythmus ist neben den Noten das Hauptproblem bei vielen Schülern.
Da stimme ich dir zu, liebe Susanne. Notenlesen und Rhythmus sind enorm wichtig!
Viel Spaß und gutes Gelingen bei deiner Challenge. Und melde dich mal wie es gelaufen ist, ich bin sehr gespannt!
Liebe Grüße
Carina