Kennst du das auch?
Du liest ein Fachbuch und sprudelst vor Ideen. Die ein oder andere versuchst du sofort um zusetzten, doch irgendwie gerät sie doch wieder in Vergessenheit.
Oder du möchtest mehr Technik oder Improvisation in deinen Unterricht einbauen und weißt nicht wie.
Du möchtest deinen Unterricht weiterentwickeln, damit deine Schüler den bestmöglichen Unterricht erhalten.
Um die Ziele und Bedürfnisse unserer Schüler im Blick zu haben, benötigen wir Weitsicht und Überblick. Oder anders formuliert: Eine gute Unterrichtsplanung.
Ok, ganz ruhig bleiben – klicke nicht weg! Ich helfe dir!
Ich gebe zu, dass ich eine leidenschaftliche Planerin bin. Aber das musst du gar nicht sein. Was heißt denn einen Plan zu haben?
Ein Plan bedeutet, dass du einen Überblick hast und du dir einen Weg überlegt hast.
Es bedeutet nicht, dass deine Planung in Stein gemeißelt ist!
Mit etwas Planung kannst du neue Ideen umsetzten, auf die Wünsche und Bedürfnisse deiner Schüler besser eingehen, die Qualität deines Unterrichts steigern und vor allem musst du nicht mehr auf den letzten Drücker irgendein Stück aus dem Ärmel schütteln, das alle nur so halb begeistert.
Auch wenn du zwischendurch etwas Zeit investieren musst, spart es dich eine Menge Nerven und kannst kreativ über deinen Unterricht nachdenken.
Ich möchte dich einladen über deine Unterrichtsvorbereitung nachzudenken und dir mein System als Anregung vorstellen. Darum soll es in der dreiteiligen Serie „Meine Unterrichtsplanung“ gehen.
Fachbücher inspirieren – doch dann lassen sie uns allein
Was sagt die Fachliteratur zum Thema Unterrichtsplanung?
In „Was ist guter Instrumentalunterricht?“ beschreibt Anselm Ernst das Unterrichten als „zielstrebiges, planmäßiges, ökonomisches, systematisches Handeln.“ (S. 22) Er wünscht sich (oder fordert fast schon) die Integration von unzähligen Lernfeldern in den Unterricht, die er in zwei Komplexe einteilt.
Im ersten Komplex geht es um das aktive Musizieren, also Zusammenspiel, Werkerarbeitung, Improvisieren, Blattspiel, Spieltechnik und Komponieren. Im zweiten Komplex nennt er die ergänzenden Bereiche wie Körperschulung, Rhythmusschulung, Musiklehre, Gehörbildung, Werkanalyse und Musikgeschichte. (S.17)
Er schreibt: „Manchem mag es erscheinen, dass die zwölf Lernfelder den Unterricht mit einer erdrückenden Inhaltsfülle bedrängen. Aber bedenken wir einmal, was eine geschickte Planung immer wieder zu Wege bringt.“ (S. 18)
Richtig – beim Lesen empfinde ich diese Fülle erdrückend. Es folgen Beispiele, die alle in der Praxis stattfinden, doch nirgendswo findet sich auch das WIE.
Für mich wirft es folgende Fragen auf:
- Wie sieht eine „geschickte Planung“ aus?
- Wie bereite ich als Lehrer die Stunde vor?
- Wie erarbeite ich mir als Instrumentallehrer Strategien und Methoden um Lernfelder einzuführen und zu vermitteln?
- Wie behalte ich all diese erstrebenswerten kurz-, mittel- und langfristigen Ziele vor Augen?
„Der virtuose Lehrer“ von Paul Harris über proaktiven Unterricht hat mich sehr fasziniert. Proaktiver Unterricht bedeutet, dass der Lehrer den Schüler an einen neuen Lerninhalt von vielen Seiten heranführt. Alle Aktivitäten fügen sich zusammen und sind für den Schüler gut durchführbar, was ihn problemlos verstehen und positive Lernerfahrungen sammeln lässt.
Das Gegenteil ist der reaktive Unterricht, hier reagiert der Lehrer erst auf die auftretenden Probleme des Schülers und korrigiert diese. Dies gibt dem Schüler immer wieder das Gefühl von Inkompetenz und sorgt für einen wenig abwechslungsreichen Unterricht.
Wenn wir mal ehrlich sind, ist dies oft in unserem Unterricht zu finden, oder?
Aber das muss ja nicht so bleiben!
Für den proaktiven Ansatz von Paul Harris muss ich aber auch erstmal wissen wo der Schüler steht und wie ich ihn unterstützen und auf neue Lerninhalte vorbereiten kann. Dies bedarf Planung und Weitsicht – welche leider wieder nicht näher beschrieben wird.
Schade, denn ansonsten ist es ein richtig tolles Buch. Absolute Leseempfehlung!
Ein System aus Evaluation, Protokoll und Block-Planung
Ok, dann müssen wir uns da wohl selber etwas überlegen. Mit meinem System möchte ich dir dafür Anregungen geben.
Ich nutze ein System, das aus Evaluation, Block-Planung und Protokoll und besteht. Zusätzlich hilft eine detaillierte Übe-Liste dem Schüler beim häuslichen Üben.
Als Startpunkt finde ich die Evaluation sehr hilfreich. Wo steht der Schüler und -welche Ideen und Wünsche habe ich (und er) für seinen Unterricht?
Die Block-Planung ist eine Übersicht, welche die nächsten Ziele und Stücke des Schülers enthält. (Als Block bezeichne ich die Unterrichtsstunden zwischen zwei Ferien.)
Im Protokoll notiere ich Woche für Woche was in der Stunde passiert ist und in der folgenden Evaluation werte ich seine Fortschritte aus und plane den nächsten Unterrichtsblock.
Die Block-Planung, das Protokoll und die Übe-Liste werde ich in den nächsten Teilen von „Instrumentalunterricht richtig planen“ vorstellen.
Was ist eine Evaluation?
In einer Evaluation werden Projekte oder Prozesse bewertet und begutachtet. Sie wird in vielen Bereichen von Bildung, Wirtschaft, Politik, etc. genutzt.
Im Prinzip wird ein Ziel formuliert und Strategien für den Erfolg überlegt. Während des Prozesses werden Daten erhoben und anschließend ausgewertet. Wurde das gewünschte Ergebnis erreicht und wenn nicht, welche Probleme oder Fehleinschätzungen traten auf? Die Ergebnisse sorgen dann für eine Änderung oder Optimierung.
Auf die Planung im Instrumentalunterricht übertragen bedeutet es den folgenden Kreislauf:
- Beurteile den aktuellen Entwicklungsstand des Schülers (Evaluation)
- Überlege dir Ziele und Strategien, um diese zu erreichen (Block-Planung)
- Notiere die folgenden Wochen die Entwicklung und Ereignisse der Stunden (Protokoll)
- Werte aus, ob die Ziele erreicht wurden.
- Formuliere einen neuen Entwicklungsstand werden nach einer bestimmten Zeit ausgewertet (Evaluation)
Anleitung für deine erste Evaluation
Ich freue mich, dass du bis hierhin gelesen hast! Jetzt geht es richtig los!
Beginne vielleicht erstmal mit drei bis fünf Schülern und gucke wie es dir gefällt und weiterhilft. Ich empfehle Anfänger oder aktuelle Sorgenkinder zu nehmen.
Für eine regelmäßige Evaluation nutze ich die letzte Woche vor den Ferien. Der Unterrichtsblock ist dann abgeschlossen und ich habe dann mehr Zeit für die Auswertung und Unterrichtsplanung.
Keine Angst, du wirst nicht die ganzen Ferien dafür brauchen! Dein Unterrichtsalltag wird dadurch ruhiger und dein Unterricht wird immer besser.
Im Prinzip kannst du es aber jederzeit machen.
Drucke dir den Download zur Evaluation, bzw. die zweite Seite davon, so oft wie benötigt aus und fülle sie in der Unterrichtsstunde des Schülers oder kurz danach aus. Manches wirst du beim ersten Mal vielleicht nur schätzen können.
In der PDF-Datei findest du eine detaillierte Ausfüllhilfe als Anregung, deshalb beschränke ich mich hier nur auf die Punkte, zu denen du dir stichpunktartig Notizen machen kannst.
- Üben
- Lesen
- Rhythmus
- Haltung
- Technik
- Musikalität
- Anzahl der Stücke
- neue Ziele/Ideen
Ziele und Ideen
Nach der Bestandsaufnahme hast du bestimmt einige Ideen, in welchen Bereichen der Schüler gefördert werden könnte.
Übertreibe es nicht und wähle nur ein bis zwei Schwerpunkte. Das wird ausreichen. Notiere sie in der Planung für den nächsten Unterrichtsblock und treffe die notwendigen Vorbereitungen.
Je nachdem welche Ideen du hast, können ältere Schüler natürlich auch in diese Entscheidung mit einbezogen werden.
Und? Ist es so schlimm und umfangreich wie du gedacht hast? Könnte es helfen deinen Unterricht noch besser zu gestalten?
Falls du Fragen hast – ich helfe dir gerne weiter! Unter carina(at)klavierpaedagogikentdecken.de kannst du mit schreiben.
Im zweiten Teil von „Instrumentalunterricht richtig planen“ werde ich dir die Block-Planung und das Protokoll vorstellen.
Liebe Carina,
Danke für die tollen Anregungen in deinem Beitrag. Ich führe in meinem Klavierunterricht auch schon seit vielen Jahren Protokoll über die Fortschritte meiner Schüler, habe das Ganze aber anders organisiert. Ich verwende für meine Schülerprotokolle Microsoft Excel. Für jeden Schüler habe ich eine Datei angelegt, die mehrere Tabellen enthält: Unterrichtsprotokoll einschließlich Unterrichtsplanung, Repertoireliste, Technikübungen, Blattspiel, Theorie und eine Tabelle mit einem Unterrichtstagebuch, in dem ich die Entwicklung protokolliere. In den Tabellen kann ich auf einen Blick den gesamten Entwicklungsprozess des Schülers ablesen. So kennzeichne ich zB in der Repertoireliste jedes Stück mit Datum und der jeweiligen Leistungsstufe, habe also den Fortschritt des Schülers immer vor Augen. Dein Beitrag enthält einige Anregungen, die über meine Tabellen hinausgehen und die ich in meine Unterrichtsplanung einfließen lassen werde. Vielen Dank für die tollen Tipps!
Das Buch „Der virtuose Lehrer“ von Paul Harris kenne ich, es enthält wunderbare Anregungen für einen guten und abwechslungsreichen Instrumentalunterricht. Ich kann es jedem Instrumentallehrer empfehlen.
Ich wünsche dir schöne Sommerferien!
Liebe Grüße
Susanne
Liebe Susanne,
ich freue mich über deinen Kommentar. Vielen Dank!
Auf die Excel Tabelle bin ich noch gar nicht gekommen – damit mache ich immer nur die Buchführung… Wie machst du das in der Unterrichtsstunde, druckst du etwas aus? Oder agierst du ganz ohne Notizen und trägst es nach der Stunde in das Programm ein und liest es vor der nächsten Stunde nochmal zur Erinnerung durch?
Darf ich noch fragen welche Leistungsstufen du verwendest?
Ich freue mich, dass du neue Anregungen gefunden hast und das du hier mitliest!
Ebenso noch schöne Sommerferien und liebe Grüße!
Carina
Liebe Carina,
Ich drucke gar nichts aus. Neben dem Klavier steht mein Schreibtisch mit dem Computer drauf. Die Excel-Tabelle des betreffenden Schülers ist offen, ich kann also alles vom Bildschirm ablesen. Ich sehe, was ich in den letzten Unterrichtsstunden gemacht habe, sehe auch meine Notizen, was ich für diese und die folgenden Stunden geplant habe. Links stehen untereinander die Notizen zu den einzelnen Stunden, rechts habe ich eine Spalte für die Pläne.
Während des Unterrichtes notiere ich direkt in der Excel-Tabelle, welche Hausaufgaben der Schüler hat, mit kurzen Bemerkungen dazu, was konkret geübt bzw. verbessert werden soll. Am Ende des Unterrichtstages trage ich die neuen Stücke in die Repertoireliste ein, ergänze die anderen Listen und mache mir in der Schülertagebuch-Tabelle Notizen über Fortschritte, weitere Pläne etc. Den Computer während des Unterrichts zu nutzen, ist sehr praktisch und spart Zeit.
Bei den Leistungsstufen orientiere ich mich an Klaus Wolters. „Handbuch der Klavierliteratur“, wobei ich jedoch stärker differenziere, vor allem bei den Anfängern. Ich verwende die Stufen 1a, 1b, 1c, 2a, 2b, 2c etc.
Ich finde es super, dass du einen eigenen Blog hast und ich freue mich schon auf weitere interessante Beiträge von dir.
Liebe Grüße
Susanne
Liebe Susanne,
herzlichen Dank, dass du uns an deinem Planungs-System teilhaben lässt.
Die Nutzung des Computers und das Notieren in Excel werde ich auf jeden Fall probieren.
Liebe Grüße zurück
Carina