Klavierunterricht mit einem Vierjährigen?

Der Unterricht mit Vorschulkindern ist ganz besonders süß! Doch ohne die richtige Methode und entsprechendes Material kommt man als Lehrer nicht weit. Die Kleinen zeigen schnell und sehr direkt ob dein Unterricht bei ihnen ankommt oder nicht. Im Artikel findest du viele Anregungen für eine Probestunde Klavier mit Vorschulkind.

Es kommt auch sehr auf das Kind an, die Kinder im Alter von 3-5 Jahren sind sehr unterschiedlich weit entwickelt. In der Probestunde kannst du das Kind kennen lernen und einschätzen, ob es schon für den Unterricht bereit ist.

Auch solltest du dir klar sein was und wie du mit wie vielen machen möchtest. Soll es eher eine musikalische Früherziehung am Klavier oder Frühinstrumentalunterricht sein? Im Gruppen-, Partner- oder Einzelunterricht?

Ich mache sehr gern Frühinstrumentalunterricht mit einzelnen Kindern. Mir sind viereinhalbjährige Kinder am liebsten, doch auch vierjährige waren schon dabei. In diesen sechs Monaten kann viel passieren! Den Einzelunterricht würde ich jedem Lehrer vorschlagen, der dieses Schüleralter erstmal testen möchte.

Damit du einen Eindruck bekommst was du in einer Probestunde mit einem Vorschulkind machen kannst und was du beobachten solltest, habe ich den Ablauf einmal aufgeschrieben. Ich plane 25-30 min Unterricht und anschließend ca. 10-15 min Gesprächszeit mit der Mutter ein.

Die Probestunde mit Vorschulkind

Eine Sache vorweg: Konzentriere dich als erstes auf das Kind und beginne mit der Probestunde. Es beginnt sich sonst zu langweilen oder verkriecht sich bei der Mutter. Das Gespräch mit der Mutter passiert danach.

Ist das Kind sehr schüchtern, kann vielleicht die Mutter helfen und das Kind zum Klavier begleiten. Ansonsten ist das Kind einfach noch nicht bereit und du schlägst einen neuen Termin in drei Monaten vor.

Die richtige Sitzhaltung. Richte die Klavierbank und den Fußhocker auf die Größe aus, erkläre kurz und kindgerecht warum du das tust und das dein Schüler zu Hause die gleichen Bedingungen braucht. Die Klavierbank muss oft ganz nach oben gedreht werden und mehrere gestapelte Fußhocker sorgen für die Möglichkeit bequem und richtig zu sitzen.

Das Klavier entdecken und dekorieren. Zuerst möchtest du deinen Schüler mit dem Instrument vertraut machen. Vielleicht klopft ihr mal hier und da um es zu wecken? Dann geht es an die Tastatur.  Noch wird nicht gespielt, sondern die Zwillinge und Drillinge werden markiert, zum Beispiel mit farbigen Pfeifenputzern und Flummis.

Klavierunterricht mit Vierjährigen, Blog Klavierunterricht

Zeige die ersten Drillinge (fis, gis und ais), lege einen farbigen Pfeifenputzer quer darauf und bitte  deinen Schüler die restlichen sechs Pfeifenputzer zu platzieren. Anschließend legt ihr die Flummis zwischen die Zwillinge.

Die Drillinge und Zwillinge anschlagen. Wenn die Tastatur so schön dekoriert ist, werden die Pfeifenputzer entfernt und du schlägst nun ein Drillingsgrüppchen mit den 2., 3. und 4. Finger an. Erkläre nicht welche Finger du nimmst, in der Regel versucht der Schüler es richtig nachzumachen. Hat er damit Probleme kannst du etwas helfen, doch es geht hier in erster Linie darum, dass seine Finger erstmal Kontakt mit dem Klavier bekommen.

Hier kannst du beobachten wie er sich bewegt, wie gut er mit dem Finger sortieren zurechtkommt und wie er die Aufgabe angeht.

Wie ich mit der Orientierung an der Klaviertastatur fortfahre (auch mit älteren Schülern) findest du hier.

Hell und dunkel am Klavier. Rechte und linke Hand. Wenn dein Schüler alle Drillinge gespielt hat frage ihn, ob er gehört hat wo sich die hellen und dunklen Töne am Klavier befinden. Spielt vielleicht noch ein paar weitere Töne zur Bestimmung. Anschließend bittest du deinen Schüler von dunkel nach hell mit der linken Hand zu spielen und für den umgekehrten Weg die rechte Hand zu nehmen.

Dann werden die Zwillinge mit dem 2. und 3. Finger gespielt. Da hier nur zwei Finger spielen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich die Schüler hier mit dem „Fingersatz“ schwer tut. Deshalb beginne ich lieber mit den Drillingen.

Fingersatz einführen. Um etwas Abwechslung zu erreichen kannst du dich für den Fingersatz mit deinem Schüler auf den Boden. Du rufst zum Beispiel den 3. Finger von der rechten Hand und dein Schüler winkt dir mit dem entsprechenden Finger zu. Du kannst dann spiegelverkehrt zurück winken. Umgekehrt geht es auch, du winkst, dein Schüler winkt zurück und sagt welcher Finger das ist.

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Nachdem der Schüler den Fingersatz verstanden hat, könnt ihr die Umrisse der Schülerhände auf ein Blatt zeichnen und die Fingernummern daran schreiben. Manchmal können sie schon ein paar Zahlen selbst schreiben, das finden sie toll. Du kannst dabei beobachten wie geschickt sie den Stift halten und damit umgehen.

Rhythmus klatschen. Hier kannst du sehen welches Rhythmusgefühl, aber auch welche Konzentration dein Schüler hat. Dies kann auch auf dem Boden passieren. Klatsche einfache, eintaktige Rhythmen aus Viertelnoten und Halben Noten vor und benutze die Rhythmussprache ohne näher darauf einzugehen.

Dein Schüler wird dies wahrscheinlich unbewusst übernehmen und erfährt den Unterschied zwischen Ta und Ta-ja. Dies ist eine kurze Aktion, ich würde maximal fünf Rhythmen klatschen und dann in die nächste wechseln.

Kleines Motiv mit dem 3. Finger spielen. Dies kann dir noch etwas zu schwierig scheinen, doch du solltest gucken wie weit die Fingermuskulatur des Kindes ist. Spiele ein kleines Motiv aus zwei Tönen vor (z.B. den Anfang von Schneck im Haus) und erkläre kurz die Rundung des Fingers. Ich mache das gern anhand der römischen Rundbogenbrücke. (Hier mehr dazu und warum ich mit dem 3. Finger beginne.)

Beobachte wie sich der Schüler und sein Finger verhalten. Zuerst geht es natürlich um die Töne, wie gut schafft er es und wie reagiert er bei Fehlern? Versucht er sie zu korrigieren oder bemerkt er sie gar nicht? Später erinnere ihn noch einmal an die Rundung des Fingers und beobachte ob er dies ungefähr schafft.

Eine runde Fingerhaltung muss in der Probestunde nicht da sein, doch teste ob er es wahrscheinlich in der 2. oder 3. Stunde schaffen wird oder nicht. Wenn dies möglich scheint, ist das für mich ein Zeichen, dass der Schüler für den Unterricht bereit ist.

Die richtige Fingerhaltung ist für mich persönlich ein absolutes Muss – egal wie alt der Schüler ist. Es formen sich Gewohnheiten und das Bewegungsgedächtnis ist eines der stärksten das wir haben. Ich halte nichts davon den Schüler zuerst mit flachen Fingern spielen zu lassen und später dann die Fingerhaltung einzuführen. Dies ist – auch für den Schüler – unglaublich mühsam, sehr langwierig und oft auch frustrierend.

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Das Gespräch mit der Mutter

Hier gehst du noch einmal auf die Sitzhaltung ein. Zu Hause werden eine verstellbare Klavierbank und stapelbare Fußhocker benötigt.

Frage nach, ob die Mutter im Unterricht und beim häuslichen Üben dabei sein kann.

Geh mit ihr kurz deinen Unterrichtsvertrag durch, du ersparst dir späteren Ärger! Vor einiger Zeit habe ich außerdem ein Infoblatt erstellt, in dem ich wichtige Tipps und Regeln anspreche, die einen erfolgreichen Unterricht unterstützen.

Generell gebe ich den Familien in allen Probestunden etwas Zeit alle Eindrücke wirken zu lassen. Niemand muss sofort zusagen oder unterschreiben. Lieber sollen sie ihr Kind ein paar Tage beobachten wie und ob es über die Klavierstunde spricht. Fand er es nach ein paar Tagen immer noch toll und möchte wiederkommen?

Meine vier ausschlaggebenden Kriterien ob ich ein Vorschulkind annehme

  1. Das Interesse des Kindes. In der Regel rufen mich die Mütter an und erzählen, dass ihr Kind schon längere Zeit den Wusch äußert Klavier zu spielen. Hervorragend! Im Laufe der Probestunde bekomme ich mit, wie interessiert das Kind wirklich ist. Will es selber Klavier spielen? Wie sehr versucht es alles was ich zeige um zusetzten? Ist es bei der Sache oder teilnahmslos, gelangweilt oder zu schüchtern um einen Ton zu spielen?
  2. Die Fähigkeit einer Unterrichtssituation folgen zu können. Kann das Kind mir zuhören und versucht es meine Aufgaben um zusetzten? Oder fängt es an eigene Spiele am Klavier zu erfinden? Egal wie spielerisch ich den Unterricht gestalte, es ist Unterricht. Und ist das Kind dafür noch nicht bereit, dann sollte man ihm noch Zeit geben und mit dem Unterricht warten.
  3. Die Fingermuskulatur. Bekommen wir in den ersten Stunden eine runde Fingerhaltung hin oder nicht? Ich möchte keine falschen Gewohnheiten aufbauen, deshalb bitte ich den Schüler noch etwas zu warten, wenn es nicht gut klappt. Ich gebe die Empfehlung durch puzzeln, kneten, malen und Lego bauen die Fingermuskulatur zu stärken.
  4. Die Mutter! Jetzt wird’s interessant… Während der Probestunde habe ich auch die Mutter im Auge. Wir brauchen die Hilfe der Mutter, damit steht und fällt alles. Wie verhält sie sich? Kann sie sich zurückhalten, doch beobachtet genau? Kann sie bei jeder Stunde dabei sein? Wirkt sie organisiert genug das häusliche Üben zu regeln? In diesem Alter steht und fällt das Gelingen des Unterrichts mit der Mutter.

Und was ist mit der Konzentration?

Darüber habe ich noch nichts geschrieben…

Es ist ganz normal, dass ein Vorschulkind noch nicht hochkonzentriert 30 Minuten einem Unterricht folgen kann. Ich denke das ist auch überhaupt nicht nötig. Für den Unterricht ist es ausreichend, dass sich der Schüler ein paar Minuten auf etwas konzentrieren kann.

Du brauchst nicht lang an einer Sache bleiben, die Stücke sind klein und geben nicht viel her. Du korrigierst kurz etwas, lässt es den Schüler noch einmal probieren und dann geht es zum nächsten Stück.

Dazwischen kannst du andere Dinge wie ein Spiel oder eine Rhythmusaktion einzubauen. Schön fürs Kind ist, wenn du den Ort wechselst, also ihr euch auf den Boden setzt oder euch sogar im Raum bewegt.

Außerdem wird sich die Konzentration bei einem normalen Kind altersbedingt, aber auch durch den Unterricht weiter aufbauen.

Unterrichtest du gern Vorschulkinder? Warum? Was ist dabei dein größtes Problem?

Probestunde am Klavier mit einem Vorschulkind

2 Kommentare

  1. Einen Teil deiner Ideen habe ich kürzlich mit einem 5jährigen Anfänger ausprobiert. Hat perfekt geklappt. Einges kannte ich schon. Aber die Idee, das Klavier für die bessere Orientierung zu dekorieren, kannte ich noch nicht. Das klappt in der Tat besser, als wenn die Kinder sich nur an den Tasten orientieren sollen.

    1. Liebe Susanne,

      wie schön, dass du etwas Neues entdeckt hast! Ja, ich arbeite mit den Kleinen zuerst viel an den schwarzen Tasten. Die Idee habe ich im amerikanischen Raum entdeckt, ich meine es wäre bei Piano Safari gewesen.

      Weiterhin viel Spaß mit deinem jungen Schüler!

      Carina

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