Gleichmäßiges Spielen am Klavier: Drei Ursachen für stockendes Spielen und ihre Lösungen

Gleichmäßiges Klavierspiel

Dein Schüler neben dir kämpft sich durch sein Stück. An jedem Taktstrich sucht er erneut nach den nächsten Tönen. Gleichmäßig Klavier spielen klingt anders…

Dabei kennt er seine Töne und hat auch den Rhythmus verstanden.

In diesem Artikel möchte ich auf drei mögliche Ursachen für stockendes Spielen und ihre Lösungsmöglichkeiten eingehen.

Ursache 1: Zu schnelles Spielen

Dein Schüler spielt einfach zu schnell. Zu schnell, um an alles denken zu können. Er macht ständig Fehler oder bleibt sehr häufig stehen und sucht.

Die Lösung: Langsam spielen!

Der Großteil aller Schüler mag allerdings lieber schnell spielen. Und damit meine ich nicht nur Kinder, auch Erwachsene spielen oft zu schnell. Das überrascht mich immer, die sollten doch wissen, dass in der Ruhe die Kraft liegt, oder? 😉 Doch wenn die Finger schneller als der Kopf sind, entstehen Fehler und Lücken.

Aber wie bekommt man nun den Schüler gebremst?

Das immer wieder daran erinnern ist oft wenig hilfreich. Häufig wissen sie gar nicht, wie sie die Finger bremsen können. Oder wie es sich anfühlt, das Stück langsam zu spielen.

Es gibt mehrere Möglichkeiten:

1. Die rechte Hand mitspielen

Oft hilft es, wenn du die rechte Hand mitspielst. So kann dein Schüler merken was du überhaupt mit „flüssig“ oder „gleichmäßig“ meinst. Er kann wahrnehmen an welchen Stellen er schneller ist ist als du und versuchen sich an dein Tempo anzupassen.

2. Vor- und Nachspielen

Manche Schüler sind aber auch so mit sich beschäftigt, dass sie dich nicht gut wahrnehmen können.

Hier kannst du probieren, ob er es mit dem abschnittsweisen Vor- und Nachspiel versteht. Im Onlineunterricht ist dies oft der einzige Weg.

3. Auf den Abstand zwischen den ersten zwei Tönen konzentrieren

Die oberen beiden Lösungen funktionieren gut im Unterricht. Doch wie sicher ist der Schüler, damit er das richtige Tempo beim Üben findet?

Mache ihn auf folgendes aufmerksam:

Das Tempo entsteht zwischen den ersten beiden Tönen!

Spielen wir den zweiten Ton schnell nach den ersten, werden auch die anderen Töne schnell folgen.

Lassen wir zwischen den ersten beiden Tönen aber Zeit, sind wir in der Lage auch die folgenden Töne langsam zu spielen.

Demonstriere dies deinem Schüler und lass es ihn dann selbst testen.

Später haben deine Schüler es dann raus, wie sie ihr Tempo verlangsamen können. Sie brauchen regelmäßig eine kleine Erinnerung, doch sie finden dann ein langsameres Tempo.

Wenn du mit Lücken spielst, bist du zu schnell!

Ursache 2: Die Töne sind noch nicht sicher genug

Beim Zusammenspiel muss dein Schüler beide Hände koordinieren und hat dadurch nicht mehr so viel Zeit sich um einzelne Töne oder bestimmten Bewegungen Gedanken zu machen.

Die Lösung: Lass ihn eine Woche „von zwei Seiten spielen“.

Hier übt er jede Hand für sich UND baut sie anschließend wieder zusammen. So kann er die einzelnen Stimmen absichern und aber auch sicherer bei der Koordination werden. Das braucht halt oft seine Zeit.

Ursache 3: Der Lagenwechsel bremst ihn immer wieder aus

In diese Situation kommt jeder Klavierschüler, sobald mehrere Lagen im Stück vorkommen. Er spielt bis zum Taktstrich, stoppt und sucht die nächste Lage. Dieses „Stop and go“ verschwindet auch oft nicht mit dem Üben.

Die Lösung: Vorausdenken

Falls dies die ersten Erfahrungen mit dem Lagenwechsel sind, lasse ich den Schüler die Stücke gern auswendig lernen. In meinem Unterricht sind das „Walzer in Moll“ von Fritz Emonts, die „Schnelle Welle“ aus dem Tastenungeheuer und die „Wellenmusik“ vom Bettina Schwedhelm.

Die beiden zuletzt genannten Stücke sind auch die, mit der die ersten Pedalerfahrungen (gebundenes Pedal) gemacht werden. Da lasse ich die Noten gerne weg, so dass der Schüler sich auf das Hören konzentrieren kann.

Hat der Schüler seine ersten Erfahrungen mit dem Lagen- oder Positionswechsel gesammelt, muss er dies natürlich auch irgendwie mit dem Notenlesen koordinieren können.

Jetzt verrate ich ihm, wie er vorausdenken kann. Also schon während er spielt, überlegt er wohin seine Hand als nächstes muss. Und bewegt seine Hand auch schon in diese Richtung, während die andere unbeirrt weiter spielt. Das ist am Anfang gar nicht so einfach, da es eine neue Stufe für die Unabhängigkeit beider Hände bedeutet.

Ganz wichtig ist es, dass dein Schüler folgendes versteht: Damit seine Hand pünktlich in der neuen Lage ankommt, darf er den letzten Ton im alten Takt verkürzen.

Oft erkläre ich mit einem Augenzwinkern, dass wir hier pfuschen dürfen und zum Beispiel aus dem „ta-ja“ ein „ta“ machen und beim „ja“ schon unterwegs sind. Ich verwende die Rhythmussprache in meinem Unterricht.

Falls beide Hände verrutschen, überlegen wir welche Hand als erstes losmarschiert. Beide Hände gleichzeitig verschieben ist nämlich viel zu unsicher.

Dieses Vorausdenken benötigt wirklich ein gutes Training, denn wir üben die richtigen Gedanken in die richtige zeitliche Abfolge zu bringen und die Hände unabhängig von einander zu bewegen.

Viel Erfahrungen mit dem Lagenwechsel und dem Vorausdenken können Schüler in den Heften „Tierisch Klavierisch“ von Karin Gross, den „Charming Moments 1“ von Sanda Labsch und in den Stücken von Jennifer Eklund sammeln.

Gleichmäßiges Spielen gehört für mich zu den grundlegenden Fähigkeiten am Klavier. Erst dann macht es Sinn über musikalische Interpretation zu sprechen.

Falls du noch einen Tipp für das flüssige Spielen hast, teile ihn doch gerne mit uns.

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